Linh Mai im Porträt
HTWD/ Peter Sebb
Inspiriert von Menschen, die ihre innovativen Ideen in die Tat umsetzen, und geprägt von seiner Mutter, die selbst Lehrerin ist, gestaltet der Wissenschaftler die Lehre an der HTWD aktiv mit.
Erstellt von Miriam Walther |

Postdoc Linh Tuan Mai über Virtual Reality in der Lehre

Im Interview erklärt der studierte Informatiker Linh Tuan Mai, derzeit Postdoc am Lehrstuhl für Gebäudesystemtechnik, wie er die neuen technologischen Möglichkeiten gezielt in die Lehre integriert und damit die Ausbildung der Studierenden an den aktuellen Bedürfnissen der Wirtschaft ausrichtet.

Erzählen Sie von Ihrem bisherigen Werdegang. Gab es ein Vorbild, dass Sie inspiriert hat, eine wissenschaftliche Karriere einzuschlagen?

Seit 2021 arbeite ich als Postdoc an der Professur für Gebäudesystemtechnik in der Fakultät Maschinenbau. Ich komme ursprünglich aus Vietnam und bin vor vielen Jahren nach Deutschland gezogen, um mein Studium im Bereich Informationssystemtechnik an der TU Dresden zu beginnen. Nach meinem Studium habe ich als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Technische Informationssysteme der Fakultät Informatik weitergearbeitet. Meine Promotion konnte unter der Leitung von Prof. Klaus Kabitzsch in der Arbeitsgruppe für Gebäudeautomation absolvieren. Kurz danach wechselte ich zur HTWD, wo ich mich im Studiengang Gebäudesystemtechnik mit Lehre und Forschung zu Digitalisierungsthemen beschäftige. Obwohl ich kein konkretes Vorbild habe, das meine wissenschaftliche Laufbahn geprägt hat, haben mich verschiedene Menschen inspiriert. Egal, ob es sich um Wissenschaftler*innen, Unternehmende oder Agrarwirte handelt – ich bewundere Menschen, die ihre innovativen Ideen umsetzen und die damit unsere Gesellschaft voranbringen. Insbesondere die bahnbrechende Forschung von Albert Einstein hat mich in der Schule motiviert, mich intensiv mit Naturwissenschaften zu beschäftigen.

 

Der Studiengang Gebäudesystemtechnik an der HTWD ist noch recht jung. Woher kam die Motivation für den Studiengang?

Der Studiengang befasst sich mit Themen, die einen wesentlichen Teil unseres täglichen Lebens ausmachen, und ist sehr nah an den aktuellen technologischen Anforderungen, um dem Klimawandel zu begegnen. Die Motivation für die Entwicklung von Technologien und die Ausbildung im Bereich der Gebäudesystemtechnik reicht viele Jahrhunderte zurück. Bereits in antiken Dokumenten wie den römischen oder griechischen Architekturtraktaten finden wir Beschreibungen von Heiz- und Wasserversorgungssystemen. Diese Beispiele verdeutlichen, dass Gebäudetechnik schon immer ein wichtiger Bestandteil unserer Zivilisation war.

Besonders in den letzten Jahren, in denen Themen wie Energie- und Umweltkrisen täglich in den Nachrichten präsent sind, gewinnen Aspekte wie Gebäudesystemtechnik und Gebäudeautomation noch mehr an Bedeutung. Rund 37 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen und 34 Prozent des weltweiten Energieverbrauchs stammen aus dem Gebäude- und Bausektor. Hier besteht ein enormes Potenzial zur Verbesserung durch moderne Technologien, um unser Leben nachhaltiger zu gestalten, ohne dabei den Komfort oder die Produktivität der Bewohner zu beeinträchtigen. Die Ausbildung neuer Ingenieurinnen und Ingenieure in diesem Fachbereich wird in den kommenden Jahren immer mehr an Einfluss gewinnen.
 

Der Studiengang Gebäudesystemtechnik ist sehr zukunftssicher. An der HTWD bieten wir unseren Studierenden jedoch weit mehr als nur interessante, praxisorientierte Lehrveranstaltungen.

Dr. Linh Tuan Mai

Was ist ihre Motivation in der Lehre und in der Wissensvermittlung an junge Menschen? Gibt es spezielle Lernmethoden und –umgebungen die sie nutzen?

Durch meine Mutter, die selbst Lehrerin ist, hatte ich als Kind Berührungspunkte mit dem Bildungswesen. Keiner von uns kann alles wissen. Wir profitieren jedoch von den Erkenntnissen aller Generationen vor uns. Indem wir unser eigenes Wissen hinzufügen, und können so die nächsten Schritte unternehmen, um das Universum und das Leben besser zu verstehen. In einem Gespräch sagte mein Kollege, Prof. Heiko Werdin, dass wir eher Begleiter unserer Studierenden sind, die nach Wissen streben. Angesichts der kostenlosen Verfügbarkeit von Wissen in digitalen Formaten und der Nutzung von KI zur Wissensaneignung verändert sich ständig, wie wir Wissen erwerben. Daher liegt es in unserer Verantwortung, Studierende für das Lernen zu motivieren und ihnen zu ermöglichen, das erworbene Wissen sinnvoll einzusetzen. Meine Motivation ist es, neue Technologien wie Virtuelle Realität (VR) in der Lehre einzusetzen, um Innovationen auch im Lernprozess zu nutzen.

Neben der Lehre ist die Forschung ein wichtiger Bestandteil Ihrer Arbeit. Forschen Sie auch im Bereich der Virtual Reality (VR)?

Tatsächlich lag mein Fokus seit 2021 auf der Nutzung und Entwicklung von VR als didaktischer Umgebung für die Ausbildung von Gebäudesystemtechnikern. Als junge Professur müssen wir die Lehrinfrastruktur aufbauen. Dazu gehören zahlreiche Praktikumsversuche, die den Studierenden praktische Erfahrungen mit den Gewerken im Gebäude vermitteln sollen. Diese Versuche erfordern nicht nur Investitionskosten, sondern auch viel Platz und bauliche Anpassungen. An der HTW Dresden können wir diese Anforderungen in der kurzen Zeit nicht so schnell und umfassend realisieren, wie wir es unseren Studierenden bieten möchten. Daher entstand die Idee, realitätsnahe und interaktive Versuche in der virtuellen Realität aufzubauen. Studierende können jederzeit Versuche durchführen und benötigen lediglich Strom für den Labor-PC und die VR-Brille. Die Studierenden sind sehr motiviert, VR als Lernumgebung zu nutzen, zusätzlich zu den klassischen Lernmethoden.

Könnten Sie uns erläutern, welche innovativen Ansätze oder Technologien Sie in diesem Bereich derzeit erforschen und wie diese dazu beitragen, die Wissensvermittlung zu verbessern?

Natürlich! Unsere Forschung im Bereich Virtual Reality (VR) konzentriert sich auf die Nutzung und Entwicklung von sehr detailliert simulierten digitalen Zwillingen von Gebäudeanlagen. Diese werden durch Interaktionskonzepte in der VR-Umgebung erweitert. Dabei verfolgen wir einen innovativen Ansatz, der bisher einzigartig ist: Wir streben eine hohe Genauigkeit der Simulation in der virtuellen Umgebung an, um realitätsnahe Erfahrungen zu ermöglichen. Der erfolgreiche Einsatz von VR in der Lehre mehr als nur realistische Simulationen. Es sind zahlreiche Faktoren von Bedeutung. Dazu zählt beispielsweise die Auswahl und Entwicklung passender didaktischer Methoden, die auf die neue Arbeitsumgebung und die Kommunikation zwischen Lehrenden und Lernenden abgestimmt sind. Ebenso interessant ist die Integration durchdachter Gamification-Elemente, um die Motivation und das Engagement der Studierenden zu fördern

Gute Nachricht für Studieninteressierte

Ab dem Wintersemester 2026 bieten wir den Studiengang Gebäudesystemtechnik als Bachelor- und Masterstudium an. Ab dem Wintersemester 2025 erhöhen wir den praktischen Anteil im Studium und bieten ein kooperatives Studium an, bei dem man neben dem Hochschulabschluss auch einen Berufsabschluss in Zusammenarbeit mit der Handwerkskammer erwirbt. Das Studienprogramm wird optimiert, um Absolvent*innen besser auf die Arbeitspraxis vorzubereiten.

Welche weiteren innovativen Lehrmethoden haben Sie mit Ihrem Forschungsteam geplant? 

Unter dem Dachbegriff Extended Reality (XR) – also erweiterte Realität – gibt es neben der Virtual Reality (VR) auch Augmented Reality (AR) und Mixed Reality (MR). Wir untersuchen derzeit, in welchen Lernszenarien diese Anwendungen am besten geeignet sind. Aktuell sind wir außerdem in viele weitere Forschungsprojekte involviert, die sich in der Antragsphase befinden. Dabei sind wir gefragt sowohl aufgrund unserer Expertise in der VR-Entwicklung als auch aufgrund unserer Kenntnisse im Bereich der Gebäudesystemtechnik. So entstehen Forschungsideen, wie beispielsweise der Einsatz von VR im Planungsprozess für Gebäudegewerke, in Kommunikationsszenarien im Arbeitsalltag oder in der Ausbildung in anderen Domänen. Wir sind zuversichtlich, dass wir unser Team mit neuen, motivierten und interdisziplinären Mitarbeitern erweitern können, um diese spannenden Projekte voranzutreiben.

Wie planen Sie, diese interdisziplinäre Zusammenarbeit sowohl in Ihrer Forschung als auch in Ihrer Lehrtätigkeit einzubeziehen?

Tatsächlich ist die Forschung im Bereich der Extended Reality (XR) – also der erweiterten Realität – äußerst interdisziplinär. Derzeit pflegen wir bereits einen regen Austausch und arbeiten mit anderen Forschungsteams an der Hochschule zusammen. Dazu zählen die Teams der Professur Fügetechnik, Professur Computergrafik, Professur Implementierung von Benutzeroberflächen, und Professur Betriebswirtschaftslehre / Personalwirtschaft und Arbeitswissenschaft. Ein konkretes Beispiel ist unsere aktive Mitarbeit an der „Revitalisierung“ der Initiative Immersive Hochschule, die ursprünglich 2017 von Professor Gunther Göbel ins Leben gerufen wurde. Diese Initiative fördert den Austausch und die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Fachrichtungen, um die Potenziale von XR in der Lehre und Forschung optimal zu nutzen. Gemeinsam verfolgen wir das Ziel, die Forschung im Bereich Extended Reality nach außen besser zu vertreten und die Zusammenarbeit zwischen den HTWD-Professuren mit Interesse an XR zu stärken. Am 20. März 2024 haben wir im Zuge der deutschlandweiten VR/AR-Learning-Tage eine Hybrid-Veranstaltung an der HTWD organisiert. Dabei erhielten Interessierte aus Dresden und ganz Deutschland die Möglichkeit, den Einsatz von VR in der Lehre sowohl an der HTWD als auch an der TUD näher kennenzulernen.

In meiner Lehrtätigkeit biete ich außerdem Veranstaltungen zu XR-Themen für Studierende des Studiengangs Environmental Engineering an. Auch Seminare für Kollegen aus anderen Fakultäten sind Teil unserer interdisziplinären Zusammenarbeit. Wir haben bereits XR-Lernmaterialien vorbereitet, die wir Studierenden der HTWD und der TUD anbieten können – insbesondere für diejenigen, die als studentische Hilfskräfte Teil unseres Teams werden möchten.

 

Warum sollte man Gebäudesystemtechnik an der HTWD studieren?

Der Studiengang Gebäudesystemtechnik ist sehr zukunftssicher. An der HTWD bieten wir unseren Studierenden jedoch weit mehr als nur interessante, praxisorientierte Lehrveranstaltungen. Unsere Studierenden werden in einer familiären Umgebung betreut, in der die Lehrende sie persönlich kennen. Wir berücksichtigen stets die individuellen Stärken und Schwächen jedes Einzelnen. Ein besonderes Highlight ist unsere jährliche Studiengangsexkursion. Während dieser einwöchigen Reise besuchen unsere Studierenden verschiedene Top-Unternehmen der Branche in Deutschland und der Schweiz. Diese Exkursion ermöglicht es ihnen, Einblicke in die Praxis zu gewinnen und wertvolle Kontakte zu knüpfen.

Unsere engen Beziehungen zu großen Unternehmen, von denen viele Mitglieder des Vereins zur Förderung der Ingenieurausbildung der Gebäude- und Energietechnik Dresden e. V. sind, eröffnen unseren Studierenden zahlreiche Möglichkeiten. Attraktive Jobangebote sind garantiert, sei es im Praktikumssemester, bei der Abschlussarbeit oder nach dem Studienabschluss. Wer eignet sich für diesen Studiengang? Ich denke, dass diese Aufgabe für alle geeignet ist, die technikaffin sind und Interesse daran haben, die Funktionsweise von Gebäudesystemen zu verstehen und optimierte Systeme zu gestalten. Außerdem ist sie für jeden geeignet, der sich aktiv mit den Energieproblemen der Menschheit auseinandersetzen und Lösungen in der unmittelbaren Umgebung erarbeiten möchte.

Über das Studium "Gebäudesystemtechnik"

Der Studiengang qualifiziert die Studierenden für vielfältige Aufgaben in der technischen Gebäudeausrüstung, der Gebäudeautomation und dem technischen Gebäudemanagement. Es vermittelt fundierte Kenntnisse der Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik, der Gebäudeautomation sowie der erneuerbaren Energien und deren Anwendung in modernen Gebäudestrukturen. Darüber hinaus werden verschiedene Zusammenhänge, Planungs- und Fertigungsmethoden sowie Steuerungs- und Messtechnik vermittelt, um die Studierenden in die Lage zu versetzen, technische Herausforderungen zu lösen. Der Schwerpunkt des Studiums liegt darauf, dass die Absolventen durch ihr Fachwissen die ökologischen, ökonomischen und funktionalen Eigenschaften von Gebäuden maßgeblich beeinflussen können. Es bietet auch die Möglichkeit, als Sachverständige tätig zu werden.

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Erstellt von Miriam Walther |